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Beitrag zum Bürokratieabbau mit Nachbesserungspotenzial

DIHK bezieht Stellung zum Entwurf des Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes
Bay Bürokratieabbau

© pawel.gaul / E+ Getty Images

Die Belastung der Wirtschaft und insbesondere des Mittelstands durch Bürokratie ist hoch. Zwar bringt das „Vierte Bürokratieentlastungsgesetz“ einige richtige entlastende Maßnahmen, die grundsätzlich zu befürworten sind, gleichwohl besteht Nachbesserungsbedarf. Aus Sicht der DIHK kann und sollte das Gesetz zudem um weitere Bürokratieabbaumaßnahmen erweitert werden.

Trotz aller Herausforderungen, die hohe Energiepreise, Inflation, Fachkräftemangel und der anhaltende Krisenmodus für die Wirtschaft bedeuten, zeigt sich in den Umfragen der DIHK ein einheitliches Bild: Die Belastung der Wirtschaft und insbesondere des Mittelstands durch unnötige Bürokratie ist bei weitem zu hoch und verursacht bei vielen Unternehmen eine hohe Frustration.

Eine Studie der DIHK zeigt am Beispiel des Gastgewerbes, dass die Erledigung von Informations-, Statistik- oder Dokumentationspflichten Woche für Woche 14 Stunden in Anspruch nimmt. Das entspricht einer Belastung von 2,5 Prozent des Umsatzes. Wobei die „wahre“ Belastung noch viel höher ist, weil die Opportunitätskosten erst gar nicht quantifiziert werden. Mit der Zunahme der Fachkräfteproblematik wird immer deutlicher, dass die Erfüllung dieser Informations- und Dokumentationspflichten Personal und wichtige Ressourcen bindet, die wiederum für die eigentlichen Kernaufgaben in den Unternehmen fehlen: nämlich sich um Innovationen und Investitionen zu kümmern. Aus Sicht vieler Unternehmen braucht es daher einen Befreiungsschlag von den anhaltend hohen Bürokratielasten.

Viele Initiativen

Ob mit dem „Vierten Bürokratieentlastungsgesetz“ (BEG IV), dem Deutschland-Pakt, der Anhebung der monetären Schwellenwerte zur Bestimmung der Unternehmensgrößenklassen oder dem Wachstumschancengesetz, derzeit gibt es viele Initiativen zur Entlastung von Bürokratie. Am 2. Februar 2024 hat die DIHK zum vom Bundesministerium der Justiz vorgelegten Entwurf des BEG IV Stellung bezogen.

BEG IV: Positive Ansätze mit Nachbesserungsbedarf

Mit dem BEG IV setzt die Bundesregierung einen ersten Schritt in die richtige Richtung, gleichzeitig besteht an den vielen grundsätzlich zu begrüßenden Maßnahmen des Referentenentwurfs zum BEG IV noch Nachbesserungsbedarf. Das gilt beispielsweise bei der Kürzung der handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen oder der Teilabschaffung der Hotelmeldepflicht.

Fristen einheitlich anpassen

Im Zusammenhang mit den handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen existieren weitere Fristläufe, zum Beispiel im Bereich der steuerlichen Festsetzungsverjährung (§ 169 ff. AO) oder den erweiterten Mitwirkungspflichten (§ 90 AO). Auch diese Normen sollten einheitlich und gemeinsam angepasst werden. Besser wäre es deshalb, wenn der Gesetzgeber das BEG IV nutzen würde, um eine in der Praxis noch deutlichere Entlastung zu erzielen und die Aufbewahrungsfristen von Buchungsbelegen im Handels-, Steuer- und Strafrecht einheitlich auf fünf Jahre zu kürzen. Das hätte zudem den positiven Effekt, dass der Gesetzgeber der vielfach von den Unternehmen eingeforderten Beschleunigung von Betriebsprüfungen Rechnung tragen könnte.

Meldeschein insgesamt abschaffen

Mit dem BEG IV soll die allgemeine Hotelmeldepflicht (auch bekannt als „Meldeschein“) für deutsche Staatsbürger entfallen. Tourismus steht für Weltoffenheit, Völkerverständigung und eine pluralistische Gesellschaft. Deshalb ist es insbesondere im Tourismus wichtig, die Willkommenskultur leben zu dürfen, die wir in Deutschland benötigen. Daher sollte sich die Bundesregierung in Europa für eine vollständige Abschaffung der Hotelmeldepflicht beziehungsweise eine entsprechende Anpassung der grundlegenden Rechtsnorm – dem Schengener Durchführungsabkommen – einsetzen.

Schriftformerfordernisse grundlegend überarbeiten

Der Abbau der Schriftformen ist ebenso grundsätzlich positiv, allerdings bitten viele Unternehmen um mehr Weitblick im Umgang mit den Schriftformerfordernissen. Konkret regen sie eine grundlegende Überarbeitung der §§ 126 ff. BGB an. Wichtig wäre eine Form, die zeitgemäßer und praktikabler als die Schriftform ist, aber gleichzeitig nicht mit Einbußen hinsichtlich der Schutz- und Beweisfunktion einhergeht.

Weitere Schritte notwendig: BEG IV ergänzen

Mit einer Entlastungswirkung in Höhe von 682 Millionen Euro pro Jahr setzt das BEG IV einen Akzent für die Bürokratieentlastung von Unternehmen. Für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist jedoch ein Befreiungsschlag von „unnötiger“ Bürokratie notwendig. Hierfür sollten mit dem BEG IV noch weitere Maßnahmen zum Bürokratieabbau ergriffen werden. Neben den Bewertungen der im Referentenentwurf vorgesehenen Maßnahmen führt die DIHK daher weitere Maßnahmen an, die aus Sicht der Unternehmen unbedingt noch in das Gesetz aufgenommen werden sollten, damit die von allen erhoffte Entlastungswirkung des BEG IV auch tatsächlich eintreten kann. Ergänzend kann der Gesetzgeber auch die Ergebnisse der Verbändeabfrage des Bundesministeriums der Justiz aus dem Februar 2023 nutzen.

Bessere Rechtsetzung: Schlüssel für die Zukunft

Ein falsches Signal für die Wirtschaft und den Standort wäre es, wenn neue bürokratische Belastungen geschaffen werden, die diese Entlastungen wieder neutralisieren. Hierfür sollte die als Bürokratiebremse konzipierte „one-in-one-out“-Regel reformiert werden.

Konkret sollten die noch bestehenden Ausnahmen von der Regel abgeschafft werden, denn bislang sind hierzulande nicht nur umzusetzende EU-Regelungen von der „one-in-one-out“-Regel ausgenommen, sondern auch so genannte „Einmalaufwendungen“. Damit werden nicht alle neuen Regelungen von der Bürokratiebremse erfasst. Angesichts der jährlichen Bürokratiebelastung der Wirtschaft sind solche Ausnahmeregelungen aber nicht mehr tragfähig und sollten daher entfallen. In einem Folgeschritt sollte die nationale Bürokratiebremse in eine „one-in-two-out“-Regel weiterentwickelt werden. Dann müssten mit jeder neuen nationalen oder europäischen Vorgabe zwei bestehende Bürokratielasten entfallen.

Die Stellungnahme der DIHK ist unter folgendem Link zu finden.

Kontakt

Porträtfoto Benjamin Baykal
Benjamin Baykal Referatsleiter Wirtschaftspolitische Positionen, Bürokratieabbau