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Unternehmensnachfolge – Lage im Handel besonders schwierig

Fast sechsmal so viele Unternehmen wie Nachfolgeinteressierte
ev Unternehmensnachfolge

© designer491 / iStock / Getty Images Plus

Die zunehmenden Engpässe bei der Unternehmensnachfolge ziehen sich durch sämtliche Branchen. Insgesamt suchten im abgelaufenen Jahr mehr als dreimal so viele abgabewillige Unternehmen die IHKs auf als Nachfolgeinteressenten. Besonders eng ist die Situation im Handel – hier meldeten sich fast sechsmal Unternehmen als Interessierte.

Für Unternehmerinnen und Unternehmer war es noch nie schwieriger, eine geeignete Nachfolge zu finden. Das zeigt der aktuelle DIHK-Report Unternehmensnachfolge. Dem Report zufolge gibt es in der Nachfolgeberatung der Industrie- und Handelskammern (IHKs) mehr als dreimal so viele Angebote wie Übernahmeinteressenten. Nicht einmal halb so viele potenzielle Nachfolger wie vor der Corona-Pandemie erkundigen sich bei ihrer IHK nach geeigneten Betrieben (2.017 nach 4.302 im Jahr 2019). Das ist ein historisches Tief seit Beginn der Statistik im Jahr 2007.

Handel – hoher Nachfolgedruck

Im Handel ist der Nachfolgedruck besonders hoch. 26 Prozent der von den IHKs beratenen Altinhaberinnen und Altinhaber stammen aus dieser Branche. Doch den 1.742 Unternehmen standen gerade 319 Übernahmeinteressierte gegenüber.

Viele Herausforderungen zu bewältigen

Handelsunternehmen spüren neben der allenthalben erfahrbaren demografischen Entwicklung und dem Fachkräftemangel mehrere weitere Herausforderungen gleichzeitig: Der Druck zu modernisieren und insbesondere zu digitalisieren (zum Beispiel Zahlungsdienste) ist hoch. Passende Fachkräfte sind immer schwerer zu gewinnen. Zudem stellt der Online-Handel den stationären Einzelhandel vor Herausforderungen. Corona-bedingte Einbußen sind häufig noch nicht aufgeholt, Lieferengpässe teilweise noch vorhanden. Oft führt hoher Kosten- und Inflationsdruck zu Zurückhaltung bei den Kunden einerseits und andererseits zu steigenden Kosten des Betriebes, insbesondere auch von Mieten, auch mit der Folge von Leerständen in der Innenstadt, was den Weiterbetrieb angestammter Betriebe infolge sinkender Kundenfrequenzen weiter erschwert. Auch ländliche Regionen haben mit Leerständen, sinkenden Kundenfrequenzen und schmelzenden Margen zu kämpfen. Gleichzeitig ändern sich Nachfragestrukturen und Kundenpräferenzen. Häufig werden Prozesse und Geschäftsmodelle nicht (mehr) den erforderlichen Gegebenheiten angepasst, was wiederum die Renditeaussichten und die Attraktivität des Unternehmens für Nachfolgeinteressenten schmälert.

Politik hat Stellschrauben in der Hand

Modernisieren, digitalisieren, rechtzeitig auf die Suche gehen – dies sind die Hausaufgaben, die IHKs bei vielen Unternehmen sehen. Entscheidende Stellschrauben für eine gesamtwirtschaftlich bessere Nachfolgesituation im Mittelstand hat allerdings die Politik in der Hand. Die Unternehmen berichten den IHKs von starker Verunsicherung über die wirtschaftliche Zukunft, immer weiter steigenden Kosten für Energie, Fachkräftemangel sowie von enormer Regulierungsdichte.

Dazu DIHK-Präsident Peter Adrian: "Wir müssen in Deutschland agiler, effizienter und auch innovativer werden. Dazu brauchen wir eine bessere Infrastruktur, eine funktionierende Digitalisierung sowie eine zukunftsgewandte Standortpolitik, die die Transformation unserer Wirtschaft ermöglicht. Wir brauchen mehr Vertrauen in die Kreativität von Unternehmerinnen und Unternehmern."

Der Mittelstand gehöre "zur DNA der deutschen Wirtschaft", so Adrian. "Wir müssen alles tun, damit dies so bleibt." Dafür sei es unter anderem wichtig, frühzeitig mit ökonomischer Bildung zu beginnen und an Schulen und Hochschulen das Thema Unternehmertum zu verankern: "Wenn immer mehr kleine und mittlere Betriebe schließen müssen, wird der Standort geschwächt. Wir müssen deshalb wieder die Lust auf Selbstständigkeit und Unternehmertum wecken."

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Porträtbild Dr. Marc Evers, Referatsleiter Mittelstand | Existenzgründung | Unternehmensnachfolge
Dr. Marc Evers Referatsleiter Mittelstand, Existenzgründung, Unternehmensnachfolge