Artikel 50: So verläuft das EU-Austrittsverfahren

Die britische Regierung hat heute (29.3.) offiziell den Austritt aus der Europäischen Union beantragt. Das Vereinigte Königreich und die EU haben nun zwei Jahre Zeit, um ein Abkommen über die Einzelheiten des Austritts auszuhandeln. Außerdem werden sie damit beginnen müssen, ihre künftigen Handelsbeziehungen zu definieren, wobei dieser Prozess voraussichtlich entscheidend länger dauern wird. Lesen Sie hier mehr zum Thema Brexit und zur Rolle des EU-Parlaments.

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Infografik zu Artikel 50 EUV

Was besagt Artikel 50 des EU-Vertrags?

In Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union ist geregelt, wie der EU-Austritt abläuft. "Jeder Mitgliedstaat kann im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften beschließen, aus der Union auszutreten."


Nachdem ein Mitgliedstaat Artikel 50 ausgelöst hat, haben die Verhandlungspartner, also die EU und der entsprechende Mitgliedstaat, zwei Jahre Zeit, um das Austrittsabkommen zu verhandeln. Der Europäische Rat kann aber, im Einvernehmen mit dem betroffenen Mitgliedstaat, einstimmig beschließen, diese Frist zu verlängern.


Obwohl das Ziel natürlich ist, eine Einigung zu erzielen, ist es auch möglich, dass kein Abkommen geschlossen wird.


Zwei Abkommen

Die EU und das Vereinigte Königreich haben also zwei Jahre Zeit, um ein Abkommen, in dem die konkreten Einzelheiten des Austritts geregelt werden, auszuhandeln, "wobei der Rahmen für die künftigen Beziehungen [...] zur Union berücksichtigt wird". Die genauen Bestimmungen über die künftigen Beziehungen sind Gegenstand eines separaten Abkommens, dessen Verhandlungen entschieden mehr Zeit in Anspruch nehmen könnten.


Das Austrittsabkommen muss vom Vereinigten Königreich ratifiziert und vom EU-Parlament gebilligt werden. Außerdem muss der Rat das Abkommen mit "verstärkter qualifizierter Mehrheit" (mindestens 20 von 27 Mitgliedstaaten, die zusammen mindestens 65 Prozent der Bevölkerung der verbleibenden Mitgliedstaaten vertreten) annehmen.


Das Abkommen über die künftigen Beziehungen zur EU müsste von allen EU-Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament gebilligt werden.


Welche Aspekte wird das Austrittsabkommen umfassen?

Das Austrittsabkommen wird Bereiche umfassen wie:

  • Rechte der EU-Ausländer im Vereinigten Königreich
  • Rechte britischer Staatsbürger, die in anderen Mitgliedstaaten leben
  • Finanzielle Verpflichtungen, die das Vereinigte Königreich als Mitgliedstaat eingegangen ist
  • Grenzfragen (vor allem bezüglich der Grenze zwischen dem Vereinigten Königreich und Irland)
  • Sitz von EU-Agenturen
  • Internationale Verpflichtungen, die das Vereinigte Königreich als EU-Mitgliedstaat eingegangen ist (zum Beispiel das Pariser Klimaabkommen)

Welche Aspekte könnte das Abkommen über die künftigen Beziehungen umfassen?

Das Abkommen über die künftigen Beziehungen würde die Bedingungen der Zusammenarbeit in einer Reihe verschiedener Bereiche festlegen: von Fragen der Verteidigung über die Terrorbekämpfung, bis hin zu Umweltpolitik, Forschung, Bildung usw. Eines der Schlüsselthemen wären die künftigen Handelsbeziehungen. Fragen hinsichtlich der Zölle, Produktstandards und der Streitbeilegung könnten geregelt werden.


Wie laufen die Verhandlungen ab?

Nachdem das Vereinigte Königreich nun Artikel 50 aktiviert hat, legt der Europäische Rat Leitlinien für die Verhandlungen fest. Der ehemalige EU-Kommissar Michel Barnier wird die Verhandlungen im Namen der EU leiten. Der Rat kann diese Leitlinien jedoch stets klarstellen und aktualisieren. Die Verhandlungen könnten bereits in den kommenden Wochen beginnen.


Der EU-Chefunterhändler für den Brexit, Michel Barnier, hat dem EU-Parlament eine Reihe von Grundprinzipien für die Verhandlungen präsentiert: So seien die vier Grundfreiheiten nicht voneinander zu trennen. Jegliche Übergangsregelungen müssten eindeutig zeitlich begrenzt werden. Die EU-Mitgliedschaft müsse immer der vorteilhafteste Status sein. Jede neue Beziehung müsse auf einheitlichen Bedingungen und dem Respekt der Wettbewerbsregeln beruhen. Des Weiteren müsste den Rechten und Verpflichtungen, die mit Nicht-EU-Mitgliedstaaten vereinbart wurden, Rechnung getragen werden. In den Bereichen Sicherheit und Verteidigung sei zudem eine enge Zusammenarbeit wünschenswert.


Was geschieht, wenn kein Abkommen erzielt wird?

Wird nach zwei Jahren kein Abkommen erzielt und die Frist auch nicht verlängert, so scheidet das Vereinigte Königreich automatisch aus der EU aus. Wird außerdem kein Abkommen über die Handelsbeziehungen geschlossen, dann müsste das Land nach den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) mit der EU Handel treiben. 


Die Rolle des EU-Parlaments

Das Austrittsabkommen kann ohne die Zustimmung des Parlaments nicht in Kraft treten. In den kommenden Wochen werden die Abgeordneten voraussichtlich eine Entschließung verabschieden, in der sie die "roten Linien", die nicht überschritten werden dürfen, definieren.


Der offizielle Vertreter und Koordinator des EU-Parlaments in Sachen Brexit-Verhandlungen ist Guy Verhofstadt. Für seine Arbeit kann er sich auf die Expertise der Ausschüsse stützen.


Die EU-Abgeordneten können Einfluss auf die Verhandlungen üben, indem sie Entschließungen zum Standpunkt des Parlaments verabschieden.

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