Ausgabe Nr. 05 | 2023 
Bericht aus Brüssel
Liebe Leserinnen und Leser,
 
anbei erhalten Sie die aktuelle Ausgabe des Newsletters "InfoRecht". Enthalten sind aktuelle Nachrichten aus dem Wirtschaftsrecht.
 
Viel Spaß beim Lesen,
 
Konstantin Kutscher
Inhalt
Privates Wirtschaftsrecht
Bundestag verabschiedet das Gesetz zur Umsetzung der Ertragsteuerinformationen
Umsetzung der Verbandsklagerichtlinie: Öffentliche Anhörung im Bundestag und Stellungnahme des Bundesrats
Hinweisgeberschutzgesetz auf der Zielgeraden
Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht
Arbeit am European Single Access Point (ESAP) schreitet voran
Gesetz über digitale Dienste: Benennung von sehr großen Online-Plattformen und Suchmaschinen sowie Datenzugang für Forschende
Gesetz über digitale Dienste: Durchführung unabhängiger Prüfungen
Entwurf einer den DSA ergänzenden delegierten Verordnung zur Festlegung von Regeln für die Durchführung von Prüfungen
EU-Kommission legt Vorschläge für neue Patentvorschriften vor
Schutz geografischer Herkunftsangaben für Industrie- und Handwerksprodukte: Einigung im Trilog
Zusätzliche Newsletter
Privates Wirtschaftsrecht
Bundestag verabschiedet das Gesetz zur Umsetzung der Ertragsteuerinformationen
Der Bundestag hat am 11.05.2023 das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2101 im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragsteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen unter Annahme der Empfehlungen des Rechtsausschusses beschlossen.
 
Danach sind Ertragsteuerinformationen multinationaler umsatzstarker Unternehmen und Konzerne, die in der EU entweder ansässig sind oder aber Tochterunternehmen oder Zweigniederlassungen einer bestimmten Größe haben, zu veröffentlichen. Das Gesetz kann nach Befassung im Bundesrat verkündet werden.
 
Der Bundestag hat folgende Änderungen am Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgenommen:
 
Der Bußgeld-/Ordnungsgeldrahmen bei Verstößen gegen die Offenlegungspflichten, das heißt, das maximal mögliche Bußgeld wurde auf 250.000 EUR erhöht (vgl. § 342o Abs. 2, § 342p Satz 4 HGB). Angepasst wurde zudem der Zeitpunkt, nach welchem Unternehmen zunächst weggelassene Angaben veröffentlichen müssen (§ 342k Abs. 2 Satz 2 HGB). Dies soll nun bereits nach vier statt fünf Jahren erfolgen.
 
In der Begründung des Ausschusses findet sich zu § 342k Abs. 1 Satz 1 HGB-E eine Anmerkung zur Auslegung der Frage, ob die Offenlegung einer Angabe einem bestimmten Unternehmen einen erheblichen Nachteil zufügen würde.
 
Darüber hinaus sind zwei weitere Änderungen im Verbraucherstreitbeilegungs- und im Pflichtversicherungsgesetz aufgenommen worden und daher auch die Bezeichnung des Gesetzes geändert worden: Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2101 im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragsteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen sowie zur Änderung des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes und des Pflichtversicherungsgesetzes.
 
Mit der Änderung im Verbraucherstreitbeilegungsgesetz wird in § 29 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 klargestellt, dass über den bisherigen Wortlaut der Norm hinaus nicht nur eine geeignete anerkannte Verbraucherschlichtungsstelle beliehen werden kann, sondern auch der Träger der aktuell tätigen Universalschlichtungsstelle.
 
Die Änderung im Pflichtversicherungsgesetz dient zur Umsetzung einer Vorschrift einer EU-Richtlinie über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht. Konkret geht es demnach um Regelungen zur Entschädigung der Verkehrsopfer im Fall der Insolvenz eines Kraftfahrzeughaftpflichtversicherers und die dafür zuständigen Stelle.
 
Umsetzung der Verbandsklagerichtlinie: Öffentliche Anhörung im Bundestag und Stellungnahme des Bundesrats
Am Mittwoch, den 10.05.2023, fand im Deutschen Bundestag die öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses zum Verbandsklagerichtlinienumsetzungsgesetz (VRUG) statt. Zudem hat der Bundesrat am Freitag, den 12.05.2023 seine Stellungnahme zum Regierungsentwurf (RegE) des VRUG beschlossen, die in vielen Aspekten Korrekturen des RegE zulasten der Unternehmen vorsieht.
 
Öffentliche Anhörung des Rechtausschusses des Deutschen Bundestages
Unter den zwölf geladenen Sachverständigen aus Wissenschaft, Justiz, Verbraucherschutzverbänden und Wirtschaft bestand Einigkeit darüber, dass der RegE erheblicher Nachbesserung bedarf. Jedoch divergierten die Vorschläge in der Sache deutlich: Während die Vertreter aus Justiz und Wissenschaft geteilter Meinung waren, forderten die Vertreter der Verbraucherschutzverbände insbesondere weitere Absenkungen der Anforderungen an die Klageerhebung sowie weitreichende Schutzmechanismen wie die Ausweitung der Verjährungshemmung für alle betroffenen Verbraucher, um das neue Klagevehikel so attraktiv wie möglich zu gestalten. Von Seiten der deutschen Wirtschaft wurde darauf hingewiesen, dass die gesetzgeberische Motivation nicht auf ein attraktives, sondern in erster Linie auf ein faires rechtsstaatliches Verfahren zielt. Der Sachverständige Prof. Stefan Wernicke, Chefjustiziar der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), hob in seiner Einlassung vor allem die Notwendigkeit eines möglichst frühen Opt-ins hervor, empfahl die Beschränkung der Beteiligungsmöglichkeit für Unternehmen auf echte Kleinstunternehmen (weniger als 10 Beschäftigten und 2 Millionen Euro Jahresumsatz/Jahresbilanzsumme) und forderte insbesondere den Ausschluss der Drittfinanzierung, um auf Kollektivklagen aufbauende Geschäftsmodelle internationaler Investoren zu verhindern.
 
Stellungnahme des Bundesrates
Der Bundesrat spricht sich dafür aus, als spätesten Zeitpunkt für die Anmeldung von Ansprüchen zur Verbandsklage bzw. deren Rücknahme den Schluss der mündlichen Verhandlung zu wählen. Der Regierungsentwurf (§ 46 Abs. 1 S. 1 VDuG) sieht demgegenüber vor, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Ansprüche bis zum Ablauf von zwei Monaten nach dem ersten Termin anmelden können, was bereits eine erhebliche Verlagerung nach hinten im Vergleich zum Referentenentwurf bedeutet und Vergleichsverhandlungen nahezu unmöglich macht.
 
Daneben bittet der Bundesrat, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Erhebung der Verbandsklage eine Verjährungshemmung (§ 204a BGB) auch für Ansprüche jener Verbraucher bewirken sollte, die sich nicht zur Verbandsklage angemeldet haben. Der RegE sieht eine Verjährungshemmung nur für im Klageregister angemeldete Ansprüche vor.
 
Mit seiner Stellungnahme plädiert der Bundesrat zudem für geringere Anforderungen an die Gleichartigkeit der geltend gemachten Ansprüche. Demzufolge sollen die Ansprüche bereits dann „gleichartig“ sein, wenn „für sie im Wesentlichen die gleichen Tatsachen- und Rechtsfragen entscheidungserheblich sind“.
 
Der Bundesrat empfiehlt darüber hinaus, die Möglichkeit, Individualverfahren auszusetzen, auch auf Individualverfahren solcher Verbraucher zu erstrecken, die sich nicht zur Verbandsklage angemeldet haben.
 
Zur Frage, welche Anforderungen an die Eignung des Sachwalters zu stellen sind, der im Erfolgsfalle der Klage die Beträge an die eingetragenen Verbraucher auszahlt, empfiehlt der Bundesrat, sicherzustellen, dass sich die Anforderungen an dessen fachliche Qualifikation, Unabhängigkeit, praktische Berufserfahrung und persönliche Zuverlässigkeit aus dem Gesetz ergeben sollen. Zudem sei die Regelung zur Vergütung des Sachwalters in Anlehnung an die Vorschriften der Insolvenzordnung zu konkretisieren.
 
Für den Fall streitgenössisch klagender Verbraucherverbände empfiehlt der Bundesrat, ein gemeinsames Verbraucherquorum festzulegen.
 
Ausblick
Mit Blick auf die vielfältigen Anmerkungen sowohl seitens des Bundesrates als auch seitens der an der Anhörung Beteiligten lässt sich nicht prognostizieren, ob – und wenn ja, welche – Veränderungen der Gesetzentwurf noch erfahren wird. Der Zeitplan des Gesetzgebungsverfahrens ist jedenfalls straff:
Ab dem 25.06.2023 muss das Gesetz anwendbar sein, so sieht es die EU-Richtlinie vor.
 
Hinweisgeberschutzgesetz auf der Zielgeraden
Am 09.05.2023 ist nach langer Zeit und weit nach Ablauf der Umsetzungsfrist im Vermittlungsausschuss eine Einigung zum Hinweisgeberschutzgesetz erreicht worden. Mit den darauffolgenden Bundestags- und Bundesratsbeschlüssen am 11. und 12.05.2023 ist das Gesetzgebungsverfahren des Hinweisgeberschutzgesetzes zur Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie so gut wie abgeschlossen.
 
Die wichtigsten Änderungen gegenüber der Gesetzesfassung, die der Bundesrat im Februar abgelehnt hatte, sind:
- Keine Verpflichtung zur Einrichtung anonymer Meldekanäle, § 16 Abs. 1.
- Anreiz zur bevorzugten Nutzung des internen Meldekanals: Hinweisgeber sollten in den Fällen, in denen intern wirksam gegen den Verstoß vorgegangen werden kann und sie keine Repressalien befürchten, die Meldung an eine interne Meldestelle bevorzugen, § 7 Abs. 1.
- Die Dokumentation kann länger als drei Jahre aufbewahrt werden, um die Anforderungen nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften zu erfüllen, solange dies erforderlich und verhältnismäßig ist, § 11 Abs. 5.
- Klarstellung, dass der Hinweisgeberschutz nur Hinweise auf Verstöße aus dem beruflichen Umfeld umfasst, § 3 Abs. 2 und 3.
- Absenkung des Bußgeldrahmens von 100.000 EUR auf 50.000 EUR, § 40. Zudem wird für eine Übergangszeit von 6 Monaten kein Bußgeld wegen der fehlenden Einrichtung von Meldekanälen verhängt, § 42.
- Kein Schmerzensgeld für den Hinweisgeber für immaterielle Schäden, § 37 Abs. 1. S. 2 wird gestrichen.
- Die Beweislastumkehr im Zusammenhang mit einer Benachteiligung des Hinweisgebers kommt nur dann zum Tragen, wenn der Hinweisgeber dies selbst geltend macht, § 36 Abs. 2 S. 1.
 
Die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses mit dem konkreten Wortlaut der Änderungen finden Sie hier.
 
Nach der Ablehnung im Bundesrat am 10.02.2023 war wider Erwarten nicht der Vermittlungsausschuss angerufen worden, sondern die Koalitionsfraktionen hatten zwei Gesetzentwürfe vorgelegt, die den ursprünglichen Regierungsentwurf in einen zustimmungspflichtigen (20/5991) und einen nicht zustimmungspflichtigen Teil (20/5992) aufteilten. In der 2. Anhörung zu diesen Gesetzesvorschlägen im Rechtsausschuss des Bundestags am 27.03.2023 kritisierte die dort geladene Expertin Hildegard Reppelmund (DIHK) besonders die Punkte „anonymer Meldekanal mit Kommunikationsmöglichkeit“ und „unzureichende Anreizsetzung für die bevorzugte Nutzung des internen Meldekanals“. Bei dieser Anhörung wurde deutlich, dass die Aufspaltung in zwei Gesetze verfassungsrechtlich bedenklich war. Da in der Zwischenzeit das EU-Vertragsverletzungsverfahren schon so weit fortgeschritten war, dass Deutschland täglich 61.000 EUR Bußgeld an Brüssel zahlen musste, war der Druck auf die Ampel so groß, dass letztlich doch noch der Vermittlungsausschuss angerufen wurde – mit dem jetzt erreichten Ergebnis.
 
Wie geht es weiter?
Das Hinweisgeberschutzgesetz wird einen Monat nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten, also voraussichtlich noch im Juni.
 
Was heißt das für Unternehmen?
Unternehmen mit mehr als 249 Beschäftigten müssen sich sputen, ihr Whistleblowingsystem in Kraft zu setzen, weil für sie nur ein Monat ab der Veröffentlichung Zeit bleibt. Eine Schonfrist gibt es allerdings insofern, als zumindest 6 Monate lang kein Bußgeld droht, wenn sie noch keine Meldekanäle eingerichtet haben. Dennoch ist es sinnvoll, das so bald wie möglich auf den Weg zu bringen, weil jedes Unternehmen, das keine internen Meldemöglichkeiten anbietet, damit rechnen muss, dass Hinweisgeber sich dann direkt mit ihren Hinweisen an die externe Meldestelle (Behörden) wenden. Daher ist es im Eigeninteresse jeden Unternehmens, die internen Meldemöglichkeiten so auszugestalten, dass die Hemmschwelle relativ niedrig ist und Vertrauen geschaffen wird, damit Hinweisgeber tatsächlich zunächst intern auf Verstöße hinweisen.
Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten bleibt noch Zeit bis zum 17.12.2023. Danach gilt aber auch hier, dass jede interne Meldung hilft, Verstöße unternehmensintern zu beseitigen und externe Meldungen mit entsprechenden Reputationsschäden zu vermeiden.
 
Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht
Arbeit am European Single Access Point (ESAP) schreitet voran
Das europäische einheitliche Zugangsportal (European Single Access Point, ESAP) wird als ein weiteres Projekt der Kapitalmarktunion derzeit zwischen Parlament und Rat verhandelt. Der federführende Ausschuss ECON des EU-Parlaments hat sich inzwischen auf einen Standpunkt festgelegt und seine Änderungswünsche zu den drei Vorschlägen der EU-Kommission verabschiedet.
 
Ziel der Initiative der EU-Kommission ist grundsätzlich die Bündelung von relevanten Informationen über Finanzdienstleistungen, Kapitalmärkte und Nachhaltigkeit. Diese Informationen stehen bereits heute, wenn auch in unterschiedlichen Portalen der Mitgliedstaaten, zur Verfügung. Die betroffenen Unternehmen sind bereits durch europäisches Recht verpflichtet, diese offenzulegen. Der federführende ECON fordert zum einen eine Verschiebung des Portals um ein Jahr, zum anderen aber auch Erweiterungen und Ergänzungen am Richtlinienvorschlag.
 
- Die Beschlüsse des ECON-Ausschusses finden Sie hier.
- Den Bericht zum Vorschlag zur Änderung bestehender Richtlinien, die bereits Offenlegungspflichten für Unternehmen über bestimmte Informationen vorsehen und die sich künftig auch auf die Offenlegung durch das ESAP-Portal beziehen sollen, finden Sie hier.
- Den Bericht über den Vorschlag für Verordnungen in Bezug auf die Einrichtung und die Funktionsweise des zentralen europäischen Zugangsportals finden Sie hier.
 
Gesetz über digitale Dienste: Benennung von sehr großen Online-Plattformen und Suchmaschinen sowie Datenzugang für Forschende
Das Gesetz über digitale Dienste (DSA) ist bereits im Herbst 2022 als Verordnung (EU) 2022/2065 in Kraft getreten. Sein Ziel ist es, einen Beitrag zu einem vertrauenswürdigen, vorhersehbaren sowie sicheren Online-Umfeld zu leisten und dadurch das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes für Vermittlungsdienste zu fördern. In dem angestrebten sicheren digitalen Raum sollen die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Rechte der Nutzer digitaler Dienste wirksam geschützt werden.
 
Benennung sehr großer Online-Plattformen und Suchmaschinen
Das Gesetz über digitale Dienste legt unter anderem Vorschriften über besondere Sorgfaltspflichten, die auf bestimmte Kategorien von Anbietern von Vermittlungsdiensten zugeschnitten sind, fest. Für sehr große Online-Plattformen (very large online platforms, VLOPs) und sehr große Online-Suchmaschinen (very large online search engines, VLOSEs), die eine durchschnittliche monatliche Zahl von mindestens 45 Millionen aktiven Nutzern in der EU erreichen, gelten im Vergleich zu anderen Vermittlungsdiensten zusätzliche Verpflichtungen. Es wird davon ausgegangen, dass sie besondere Risiken für die Verbreitung illegaler Inhalte und für gesellschaftliche Schäden bergen.
 
Auf der Basis der bis zum 17.02.2023 von Anbietern von Online-Plattformen und Online-Suchmaschinen zu veröffentlichenden Nutzerdaten, benannte die Kommission am 25.04.2023 siebzehn sehr große Online-Plattformen sowie zwei sehr große Online-Suchmaschinen.
 
Diese haben nun innerhalb von vier Monaten alle Verpflichtungen aus dem DSA zu erfüllen. Dazu zählt die Durchführung einer Risikobewertung sowie das Ergreifen angemessener, verhältnismäßiger und wirksamer Risikominderungsmaßnahmen, welche auf die in der Risikobewertung ermittelten, besonderen systemischen Risiken ausgerichtet sind.
 
Datenzugang
Am 25.04.2023 hat die Kommission zudem im Rahmen einer Sondierung die Gelegenheit zur Stellungnahme bezüglich einer angestrebten delegierten Verordnung über den Zugang zu Daten gemäß dem Gesetz über Digitale Dienste gegeben.
 
Interessierten Kreisen wird die Gelegenheit gegeben, sich zu folgenden Themen mitzuteilen:
 
- Bedarf für den Datenzugang;
- Beantragung des Zugangs zu Daten und entsprechendes Verfahren;
- Datenzugangsformen und Einbeziehung von Forschern;
- Zugang zu öffentlich zugänglichen Daten.
 
Die Annahme des delegierten Rechtsaktes durch die Kommission ist für das erste Quartal 2024 geplant.
 
Bis zum 23.05.2023 können Rückmeldungen direkt gegenüber der Kommission abgegeben werden.
 
Gesetz über digitale Dienste: Durchführung unabhängiger Prüfungen
Das Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act/DSA), welches in der Form von Verordnung (EU) 2022/2065 erlassen wurde, sieht vor, dass sich die Anbieter sehr großer Online-Plattformen (very large online platforms, VLOPs) und sehr großer Online-Suchmaschinen (large online search engines, VLOSEs) mindestens einmal jährlich einer unabhängigen Prüfung unterziehen müssen.
 
Bei der Prüfung wird die Einhaltung bestimmter Pflichten und Verpflichtungszusagen der Anbieter bewertet. Dazu zählen die im 3. Kapitel des DSA aufgeführten Sorgfaltspflichten für ein transparentes und sicheres Online-Umfeld,
wie zum Beispiel
- die Pflicht zur Risikobewertung;
- die Pflicht, angemessene, verhältnismäßige und wirksame Risikominderungsmaßnahmen zu ergreifen, welche sich auf die in der Risikobewertung aufgeworfenen besonderen systemischen Risiken beziehen;
- sowie das Ergreifen von Maßnahmen im Rahmen des Krisenreaktionsmechanismus, zu welchen der Anbieter von der Kommission mittels Beschlusses aufgefordert wurde.
 
Die zu überprüfenden Verpflichtungszusagen beziehen sich auf diejenigen, die gemäß bestimmter Verhaltenskodizes und Krisenprotokolle gemacht wurden.
 
Die unabhängige Prüfung erfolgt auf eigene Kosten der Anbieter. Sie soll von Stellen durchgeführt werden, die sowohl von dem betroffenen Anbieter als auch jeder juristischen Person, die mit dem betroffenen Anbieter in Verbindung steht, unabhängig sind. Auch darf kein Interessenkonflikt bestehen.
 
Für jede durchgeführte Prüfung ist ein Prüfbericht anzufertigen. Wenn ein Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder Suchmaschine keinen „positiven“ Prüfbericht erhält, hat er den an ihn gerichteten operativen Empfehlungen gebührend Rechnung zu tragen und die zu deren Umsetzung erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Innerhalb eines Monats nach Erhalt der Empfehlungen ist ein Bericht über die Umsetzung der Prüfergebnisse anzunehmen.
 
Entwurf einer den DSA ergänzenden delegierten Verordnung zur Festlegung von Regeln für die Durchführung von Prüfungen
Die EU-Kommission plant eine den Digital Services Act (DSA = Verordnung (EU) 2022/2065) ergänzende delegierte Verordnung (Entwurf und Zeitplan finden Sie hier), welche die Grundsätze und Regeln für die Durchführung unabhängiger Prüfungen festgelegt.
 
Im Entwurf des delegierten Rechtsakts wird bereits erläutert, dass dieser u.U. durch weitere Regeln für Verfahrensschritte, Prüfungsmethoden und Berichtsvorlagen ergänzt werden oder von freiwilligen Prüfungsnormen (Art. 44 Abs. 1 e) DAS) begleitet werden könnte.
 
Bis zum 02.06.2023 können Rückmeldungen hinsichtlich des o.g. Entwurfes direkt gegenüber der Kommission abgegeben werden.
 
EU-Kommission legt Vorschläge für neue Patentvorschriften vor
Die EU-Kommission hat am 27.04.2023 ein Patentpaket vorgelegt. In den Verordnungsvorschlägen geht es um die Themen standardessenzielle Patente, den Umgang und rechtlichen Rahmen von Zwangslizenzen auf EU-Ebene und ein vereinfachtes EU-übergreifendes System für die Beantragung von ergänzenden Schutzzertifikaten.
 
Im Nachgang zum Aktionsplan für geistiges Eigentum und um das einheitliche Patentsystem zu ergänzen, hat die EU-Kommission am 27.04.2023 zusätzliche Vorschläge vorgelegt. Betroffen sind die folgenden drei Schlüsselbereiche:
 
Standardessenzielle Patente (SEP)
SEP sind Patente, die Technologien betreffen, die als wesentlich für die Umsetzung einer technischen Norm erklärt wurden und damit verpflichtend in einem Produkt enthalten sein müssen. Solche Standards bestehen beispielsweise in der Konnektivitätsbranche (5G, Wi-Fi, Bluetooth etc.) oder bei Audio- und Videokomprimierung und -dekomprimierung. Im Gegenzug zu dieser Verwendungsverpflichtung für Hersteller sind die Patentinhaber verpflichtet, diese zu fairen, angemessenen und diskriminierungsfreien Bedingungen (FRAND) zu lizensieren, um Unternehmen und Produkten Zugang zum Markt zu ermöglichen.
 
Mit dem vorgeschlagenen SEP-Lizenzierungsrahmen soll ein weltweiter Maßstab geschaffen werden, der für mehr Transparenz, eine Verringerung von Konflikten und für effizientere Verhandlungen sorgt. Dabei werden zwei Hauptziele gesetzt: es soll sichergestellt werden, dass sowohl Inhaber als auch Nutzer von SEP auf den europäischen Märkten herstellen, verkaufen und innovativ sein können, um die globale Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen zu verbessern. Außerdem soll durch die Verordnungen sichergestellt werden, dass Endnutzer – einschließlich KMU und Verbrauchern – von Produkten zu fairen und angemessenen Preisen profitieren können.
 
Zwangslizensierung
Die Zwangslizenzierung von Patenten ermöglicht es einer Regierung, die Nutzung einer patentierten Erfindung ohne die Zustimmung des Patentinhabers zu genehmigen. Mit Zwangslizenzen will die Kommission ein Instrument schaffen, mit dessen Hilfe in Krisenzeiten die Produktion von systemrelevanten Produkten erhöht werden kann. Ein Beispiel ist die Debatte während der Covid-19-Pandemie, Patentinhaber zur Herausgabe zu zwingen, um eine ausreichende Impfstoffproduktion sicherzustellen. Unternehmen fürchteten hier darum, ihre Innovationskraft und immaterielle Vermögenswerte an Konkurrenten zu verlieren, für die viel Zeit und Geld in Forschung und Entwicklung investiert worden war. Die Kommission argumentiert, dass eine EU-weite Lösung notwendig sei, da nationale Systeme nicht miteinander kompatibel sind und viele systemrelevante Wertschöpfungsketten supranational angelegt sind.
 
Die vorgeschlagene Verordnung sieht daher ein neues EU-weites Zwangslizenzierungsinstrument vor, das die EU-Kriseninstrumente, wie das von der EU-Kommission vorgeschlagene Notfallinstrument für den Binnenmarkt oder den in der Form einer Verordnung geplanten Chips Act, ergänzen würde. Somit könnten, nachdem die zuständige EU-Stelle eine Zwangslizenz ausgesprochen hat, Firmen europaweit die Lizenz nutzen und produzieren. Laut Entwurf der Kommission kann das Instrument für Zwangslizenzen nur dann verwendet werden, wenn vorher eine EU-weite Notfallsituation ausgerufen wurde. Der Patentinhaber muss für die Nutzung seines Patents angemessen entschädigt werden.
 
Ergänzende Schutzzertifikate
Durch ein ergänzendes Schutzzertifikat (SPC) können Patente für ein Human- oder Tierarzneimittel oder ein Pflanzenschutzmittel, das von den Regulierungsbehörden zugelassen wurde, um bis zu fünf Jahre verlängert werden. Durch SPC sollen Innovationen gefördert und Wachstum und Beschäftigung in den betroffenen Sektoren gefördert werden. Ähnlich wie bei Zwangslizenzen ist der SPC-Schutz aber auch nur auf nationaler Ebene möglich. Dies führt daher ebenfalls zu einem zersplitterten EU-weiten System, zu komplexen und kostspieligen Verfahren und Rechtsunsicherheit. Der Vorschlag der Kommission sieht ein einheitliches ergänzendes Schutzzertifikat vor und führt ein zentralisiertes Prüfverfahren ein, das vom Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) in enger Zusammenarbeit mit den nationalen Ämtern umgesetzt werden soll. Im Rahmen dieser Regelung wird eine einzige Anmeldung einem einzigen Prüfverfahren unterzogen, das im Falle eines positiven Ergebnisses zur Erteilung nationaler ergänzender Schutzzertifikate für jeden der in der Anmeldung genannten Mitgliedstaat führt. Dasselbe Verfahren kann auch zur Erteilung eines einheitlichen ergänzenden Schutzzertifikats führen.
 
Neue Fördermöglichkeiten durch KMU-Fonds
Zur weiteren Förderung der Innovation soll der KMU-Fonds 2023 auch ein neues Gutscheinsystem anbieten, das zum ersten Mal europäische Patente und neue Pflanzensorten betrifft. Diese neuen Gutscheine werden es KMU ermöglichen, bis zu 1.500 EUR bei ihren Patentanmeldungskosten und 225 EUR bei der Registrierung neuer Pflanzensorten pro Antrag einzusparen.
 
Bevor die vorgeschlagenen Verordnungen erlassen werden und in Kraft treten, müssen sie noch vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union gebilligt werden.
 
Schutz geografischer Herkunftsangaben für Industrie- und Handwerksprodukte: Einigung im Trilog
Am 02.05.2023 haben sich Rat und Europäisches Parlament politisch auf eine Verordnung für den Schutz geografischer Herkunftsangaben für Industrie- und Handwerksprodukte geeinigt. Das ist eine vorläufige Einigung; die formelle Zustimmung von Parlament und Rat steht noch aus.
 
Die Verordnung ist einer der laut Rat wichtigsten Vorschläge im Rahmen des Aktionsplans zum Schutz des geistigen Eigentums, den die Europäische Kommission im November 2020 vorgelegt hat. Die Kommission hat ihren Verordnungsvorschlag am 13.04.2022 veröffentlicht. Der Rat hat seine allgemeine Ausrichtung am 01.12.2022 festgelegt.
 
Bisher gab es einen solchen Schutz nur für landwirtschaftliche Produkte und Lebensmittel. Nun soll eine Ausweitung auf Industrie- und Handwerksprodukte erfolgen. Als Beispielsfälle werden Böhmisches Glas, Limoges-Porzellan und Solinger Schneidwaren genannt. Mit der jetzigen Verordnung soll der Schutz vor Fälschung, Nachahmung und Irreführung verbessert werden.
 
Laut Pressemeldung des Rates enthält die politische Einigung folgende wesentliche Punkte:
Sie
- gewährleistet die Kohärenz mit den Vorschriften zum Schutz geografischer Angaben für landwirtschaftliche Erzeugnisse durch die Anwendung des Konzepts der "geschützten geografischen Angaben" (sog. "g.g.A."), wodurch sichergestellt wird, dass geografische Angaben für Erzeuger attraktiv sind, die eine enge Verbindung zwischen den Merkmalen des Erzeugnisses und seiner geografischen Herkunft aufrechterhalten
- sieht effiziente Kontroll- und Überprüfungsverfahren für den Schutz geografischer Angaben vor, wobei ein System auf der Eigenerklärung als Standardverfahren beruht, das die Mitgliedstaaten durch Kontrollen verstärken
- stellt sicher, dass der Schutz von geografischen Angaben für Handwerk und Industrie auch für den Domänennamensraum und das Online-Umfeld gilt
- erleichtert die Verfahren für die Eintragung geografischer Angaben, insbesondere für KMU, und gewährleistet gleichzeitig ein hohes Maß an Rechtsschutz, wobei das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine wichtige Rolle bei den Eintragungsverfahren für geografische Angaben von Handwerk und Industrie spielt
 
In Deutschland ist diese Verordnung nicht unumstritten, da bei bisher schon national geschützten geografischen Herkunftsangaben, wie insbesondere dem Solingen-Schutz, befürchtet wird, dass die bisherigen gut funktionierenden Rechtsdurchsetzungsmöglichkeiten durch die neuen Vorgaben der EU-Verordnung verschlechtert werden.
 
Die Pressemeldung des Rates finden Sie hier.
 
Zusätzliche Newsletter
 
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