Ausgabe Nr. 7 / 2019 
Brexit News
Liebe Leserinnen und Leser,
 
der neue Leader of the House of Commons im Kabinett von Boris Johnson, Jacob Rees-Mogg, hat als eine seiner ersten Amtshandlungen in einem Brief an seine Mitarbeiter darum gebeten, dass diese künftig auf Worte im Schriftverkehr wie „inakzeptabel“ oder „hoffentlich“ verzichten sollen. Zudem sollen männliche Mitarbeiter ohne Adelstitel in Briefen mit „Esquire“ angeredet werden, was wohl im Deutschen am ehesten mit „Hochwohlgeboren“ übersetzt werden kann. Auch sollen nur noch imperiale Maßeinheiten verwendet werden wie z. B. Yards statt Meter.
 
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Viel Spaß beim Lesen,
Mathias Dubbert
Inhalt
Thema des Monats
Auswirkungen des Brexit auf den Luftverkehr
Wichtige Entwicklungen
DIHK: Deutsch-Britisches Handelsvolumen sinkt kontinuierlich
DIHK: Brexit bedroht deutsche Unternehmen
Neuer britischer Premierminister verspricht Brexit zum 31.  Oktober
Von der Leyen offen für erneute Verschiebung des Brexit
Index der britischen Wirtschaft sinkt so stark wie seit 35 Monaten nicht
Dienstleistungssektor
Produzierendes Gewerbe
Baugewerbe
Brexit Geschäftsrisiko Nummer Eins
Investitionsrückgang
Arbeitskräftemangel nach dem Brexit
Pfund Sterling auf tiefstem Stand seit 27 Monaten
Südwesten Deutschlands kämpft mit den Folgen des Brexit
Britische Einkommen sinken
No-Deal-Vorkehrungen
Zoll wappnet sich für Brexit
Stresstest der britischen Bankhäuser
Notfallsituation nach Brexit
Britische Lagerhäuser voll
Britische Bevölkerung legt Vorräte in Vorbereitung auf den Brexit an
Hintergrundmaterial
Auswirkungen des Brexit auf die Bundesländer
Irland rechnet mit Verschuldung
Kein Handel mit EU-Aktien an Londoner Börse nach No-Deal-Brexit
Briten ziehen Verbleib in der EU und zweites Referendum einem No-Deal-Brexit vor
Volkswirtschaftliche Kennzahlen Großbritannien
Thema des Monats
Auswirkungen des Brexit auf den Luftverkehr
Das Vereinigte Königreich hat eine neue Regierung. Der Premierminister Boris Johnson hat mehrfach angekündigt, er werde Großbritannien mit oder ohne Deal am 31. Oktober aus der EU führen. Die EU-27 haben erklärt, das Austrittsabkommen könne nicht nachverhandelt werden. Lediglich bei der Erklärung zu den zukünftigen Beziehungen gibt es Möglichkeiten zum Nachverhandeln, bisher jedoch fehlt es an ernstzunehmenden Vorschlägen aus London. Ein ungeregelter Brexit scheint wahrscheinlicher zu werden. Eine der unzähligen negativen Folgen eines ungeregelten Brexit wäre, dass sämtliche rechtliche Grundlagen des Flugverkehrs von der EU in das UK und vice versa entfallen würden.
 
Wöchentlich starten von deutschen Flughäfen 1368 Flüge nach Großbritannien. Zudem ist das Vereinigte Königreich das Hauptziel deutscher Geschäftsreisender im Ausland. Nach einem ungeordneten EU-Austritt Großbritanniens würde eine Reihe von Problemen im Bereich der Zertifizierung und bei den Verkehrsrechten auf die Airlines und Flughafenbetreiber zukommen.
 
Damit eine Airline Verkehrsrechte im Luftraum der EU wahrnehmen darf, benötigt sie eine Betriebsgenehmigung eines Mitgliedsstaats. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Hauptsitz sowie der Mehrheitsanteil eines Flugbetreibers innerhalb der EU beziehungsweise bei einem Angehörigen eines Mitgliedsstaates liegen. Dementsprechend würden britische Fluglinien ihre Start- und Landerechte in der EU verlieren. Mehrere Airlines bemühen sich daher bereits ihre Aktionärsmehrheiten in die EU zu verschieben. Easyjet hatte dafür zuletzt sogar erwogen britischen Anteilseignern das Stimmrecht zu entziehen.
Alternativ zu einer EU-Genehmigung können ausländische Fluggesellschaften eine Genehmigung als Drittlandbetreiber beantragen. Voraussetzung dafür ist allerdings ein bilaterales Abkommen zwischen der EU und einem Drittstaat, das aktuell nicht vorliegt.
Gleichermaßen müssen sich auch europäische Airlines auf veränderte Zugangsrechte zum britischen Luftraum nach dem Brexit einstellen. Weitere Herausforderungen kommen auf die Luftfahrtunternehmen auf beiden Seiten des Kanals im Bereich der Zertifizierung zu. Innerhalb der EU müssen alle Produzenten und Instandhaltungsunternehmen von Luftfahrzeugen durch die „Europäische Agentur für Flugsicherheit“ (EASA) geprüft und zugelassen werden. Infolge eines harten Brexit würden die durch die EASA ausgegeben Zertifikate für im UK ansässige Personen und Unternehmen ihre Gültigkeit verlieren. Die entsprechenden Produkte wären damit nicht mehr in der EU zugelassen. Das gleiche trifft auf Zeugnisse, die von britischen Behörden ausgestellt wurden, zum Beispiel Pilotenlizenzen und Flugzeugeintragungen zu. In diesen Fällen sind die betroffenen Personen und Unternehmen aufgefordert im Rahmen einer Sicherheitsüberprüfung eine Drittlandgenehmigung bei der EASA zu beantragen.
 
Um die weitgehende Beeinträchtigung des europäisch-britischen Luftverkehrs nach dem Brexit am 1. November zu vermeiden, hat die EU-Kommission No-Deal-Maßnahmen getroffen. Demnach soll für einen Übergangszeitraum bis März 2020 gewährleistet werden, dass der Luftverkehr für britische Airlines in die EU aufrechterhalten bleibt. Der kommerzielle Luftverkehr britischer Luftfahrtunternehmen innerhalb der EU-27 wäre von den No-Deal-Maßnahmen allerdings ausgeschlossen. Darüber hinaus sollen die EASA-Zertifikate bis neun Monate nach dem EU-Austritt ihre Gültigkeit behalten und den Airlines ein Zeitraum von sieben Monaten eingeräumt werden, um Besitzverhältnisse in die EU zu verlagern. Diese Maßnahmen der EU-Kommission werden jedoch nur greifen, wenn die britische Seite Gleiches ermöglicht (Reziprozität).
 
Der DIHK rät Unternehmen, die in Geschäftsbeziehungen mit dem UK stehen, sich mithilfe der Brexit-Checkliste des DIHK und der Prepardeness-Website der EU-Kommission sowie der Brexit-Informationen der EASA frühzeitig auf einen harten Brexit vorzubereiten.
 
Wichtige Entwicklungen
DIHK: Deutsch-Britisches Handelsvolumen sinkt kontinuierlich
Der DIHK hat Ende Juli Zahlen veröffentlicht, wonach die Exporte der deutschen Wirtschaft in das Vereinigte Königreich von Januar bis Mai diesen Jahres 35 Mrd. EURO betrugen. Dies entspricht einem Rückgang von 2,3% im Vergleich zum Vorjahr. Die Importe aus Großbritannien lagen im gleichen Zeitraum bei 15 Mrd. EURO und damit sogar 6,1% unter dem Vorjahreswert. Während das UK 2017 noch Deutschlands fünftwichtigster Handelspartner war, sanken die Im- und Exporte in den letzten zwei Jahren ab, wodurch UK heute nur noch auf Platz 7 hinter Polen liegt. Zusammen mit anderen deutschen Wirtschaftsverbänden hat der DIHK daher an die neue Regierung in London appelliert einen No-Deal-Brexit zu verhindern.
 
DIHK: Brexit bedroht deutsche Unternehmen
Der DIHK sieht den Brexit als entscheidende Ursache für die sich abschwächende deutsche Konjunktur. Zuletzt hatte der DIHK seine Prognose zum Wirtschaftswachstum Deutschlands von 0,9% zu Jahresbeginn auf 0,6% gesenkt. Zudem rechnet man für dieses Jahr mit einem Exportwachstum von lediglich 1%. Bei 2500 Niederlassungen deutscher Firmen im UK und 750 000 Arbeitsplätzen in Deutschland, die vom Export nach Großbritannien abhängen, sei der Brexit ein wesentliches Geschäftsrisiko für die deutsche Wirtschaft. Dies zeigt sich unter anderem in den gesunkenen Exporten in das UK von 89 Mrd. EURO 2015, vor dem Referendum zu 82 Mrd. EURO im vergangenen Jahr. Der DIHK verweist dabei auch auf seine jüngsten Umfragen unter deutschen Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen in das UK. Demnach erwarten 70% eine Verschlechterung ihrer Geschäfte in diesem Jahr und drei Viertel sorgen sich um mögliche zusätzliche Zollbürokratie und -zahlungen. Die ungewisse politische Lage steht dabei insbesondere Investitionen auf britischer und deutscher Seite im Weg.
 
Neuer britischer Premierminister verspricht Brexit zum 31. Oktober
Der frühere Außenminister Boris Johnson ist am 24. Juli durch die Queen zum neuen britischen Premierminister ernannt worden. Mit einer deutlichen Zwei-Drittel-Mehrheit setzte er sich in der Wahl innerhalb der konservativen Partei gegen seinen Konkurrenten, den bis dahin amtierenden Außenminister Jeremy Hunt durch. Johnson gilt als Brexit-Hardliner und hat mehrfach versprochen Großbritannien am 31. Oktober mit oder ohne Deal aus der EU führen zu wollen. Sein Kabinett bestückte er größtenteils mit Verfechtern eines harten Brexit. Im Vorhinein waren der frühere Finanzminister Hammond und Justizminister Gauke aus Protest gegen Johnsons Brexit-Politik zurückgetreten.
 
Von der Leyen offen für erneute Verschiebung des Brexit
Die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen steht einer Verschiebung des Brexit, über das aktuelle Datum am 31. Oktober hinaus, offen gegenüber. In einem Brief an liberale und sozialdemokratische Abgeordnete erklärte sie vor ihrer Wahl im Europäischen Parlament Mitte Juli, sie würde einen weiteren Aufschub befürworten „[…] sollten gute Gründe vorgebracht werden […]“. Gleichzeitig schloss sie eine Neuverhandlung des zwischen der EU und Großbritannien ausgehandelten Austrittsvertrags aus.
 
Index der britischen Wirtschaft sinkt so stark wie seit 35 Monaten nicht
Der monatlich angepasste IHS Markit's PMI Business Activity Index verzeichnet einen Rückgang der britischen Wirtschaft von 50,7 Punkten in Mai auf 49,2 Punkten im Juni. Der Index bezieht die Geschäftszahlen der Produktions-, Dienstleistungs- und Baubranche in Großbritannien ein. Zum ersten Mal seit 35 Monaten seien die Aktivitäten in allen drei Bereichen zurückgegangen.
 
Der Index setzt sich unter anderem aus dem aktuellen Auftragsvolumen, dem Bestand an produzierten Gütern sowie der Produktionsleistung einer Volkswirtschaft zusammen. Werte über 50 Punkte deuten auf Wachstum hin.
 
Dienstleistungssektor
Die Geschäftsaktivitäten des Dienstleistungssektors sind im Juni nahezu stagniert. Während der Index im Vormonat Mai noch 51 Punkte verzeichnete, lag er im Juni nur noch bei 50,2 Punkten und damit nahe der Stagnationsschwelle von 50 Punkten. Das Volumen an neuen Aufträgen sinkt seit fünf Monaten stetig ab. Ein derart langfristiger Rückgang gab es zuletzt 2011/2012. Trotzdem verzeichnet die Branche aktuell so viele Neueinstellungen wie zuletzt im August 2017. Neben der Auftragslage belasten steigende Inputpreise die Anbieter, während das allgemeine Preisniveau für Dienstleistung aufgrund der steigenden Konkurrenz um Aufträge sinkt.
 
 
Produzierendes Gewerbe
Als Folge der immensen Vorratskäufe im Vorfeld des ursprünglichen Brexit-Termins am 29. März, leidet das produzierende Gewerbe ebenfalls unter einer sinkenden Nachfrage. Der Index lag im Juni bei 48 Punkten und damit den zweiten Monat in Folge (Mai 49,4) unterhalb der Wachstumsgrenze von 50 Punkten. Es ist der tiefste Stand seit dem Jahr 2013. Betroffen seien vor allem die Produktion von Zwischengütern. Als Ursache gelten neben den hohen Lagerbeständen, dem allgemeinen wirtschaftlichen Abschwung und dem steigenden Wettbewerbsdruck vor allem die Unsicherheit in Verbindung mit Brexit. Im Gegensatz zur Dienstleistungsbranche spiegelt sich der Abschwung auch in sinkenden Beschäftigungszahlen wider.
 
 
Baugewerbe
Die Geschäftsaktivität im Bausektor sank innerhalb der letzten Monate so schnell wie seit zehn Jahren nicht mehr. Nachdem der Index im Mai bereits lediglich 48,6 Punkte anzeigte und damit unterhalb der Wachstumsgrenze lag, sank er im Juni weiter auf 43,1 Punkte. Die Auftragslage im privaten Hausbau war aufgrund einer geringen Nachfrage und Unsicherheit am Häusermarkt so schlecht wie seit drei Jahren nicht mehr.
Die Situation im Bereich der kommerziellen Bauprojekte verschlechterte sich im Juni den sechsten Monat in Folge. Auch das Volumen an öffentlichen Bauvorhaben ist rückläufig. Der Brexit führt offenbar zu Verspätungen bei Start und Vergabe von Bauprojekten.
 
Brexit Geschäftsrisiko Nummer Eins
83% der britischen CFOs (Chief Financial Officer) sind der Meinung, der EU-Austritt Großbritanniens werde der britischen Wirtschaft langfristig schaden. Das ist das Ergebnis einer am achten Juli veröffentlichten Umfrage der Beratungsfirma Deloitte. Demnach liegt die Bereitschaft der Unternehmen, geschäftliche Risiken einzugehen mit 4% auf dem tiefsten Stand seit dem Zusammenbruch von Lehman-Brothers im Jahr 2008. Infolgedessen rechnen 62% der Befragten mit keinen Neueinstellungen innerhalb der nächsten drei Jahre und 47% beabsichtigen die Investitionsausgaben zu reduzieren. Bereits 2018 sind die Investitionen im UK deutlich zurückgegangen. Im Umfrage-Ranking der größten Geschäftsrisiken lag der Brexit auf Platz eins.
 
Investitionsrückgang
Prognosen der „Confederation of British Industry” (CBI) und des “EY Item Club” vom 8. Juli zufolge, verzeichnet Großbritannien den schnellsten Rückgang an Unternehmensinvestitionen seit der Finanzkrise. Während der Industrieverband von einem Rückgang von 1,3% in diesem Jahr prognostiziert, geht EY sogar von 1,9% aus. Grund sei die anhaltende Unsicherheit in Verbindung mit dem Brexit sowie die sich abschwächende Weltwirtschaft.
Beide Institutionen warnen in diesem Zusammenhang davor, dass das UK den Anschluss im internationalen Wettbewerb gegenüber anderen führenden Industrienationen verlieren könnte. Zwar gehe man von einer Erholung der Investitionen im Jahr 2020 von 0,9% (CBI) beziehungsweise 1,8% (EY) aus, diese könne aber nicht den entstehenden Rückstand wettmachen. Allein im zweiten Quartal dieses Jahres sei die britische Wirtschaft um 0,2% gesunken. Die Prognosen gehen dabei von einem geordneten EU-Austritt Großbritanniens aus. Ein harter Brexit würde die britische Wirtschaft wesentlich stärker belasten.
 
Arbeitskräftemangel nach dem Brexit
Der Wirtschaftsverband „London First“ warnt in einer am 11. Juli veröffentlichten Untersuchung vor einem Fachkräftemangel in Großbritannien nach dem Brexit. Insbesondere das Baugewerbe, der Einzelhandel und Kliniken wären davon betroffen. Der neue britische Premierminister Boris Johnson hatte im Wahlkampf damit geworben, die Hürden für die Einwanderung deutlich zu erhöhen und ein Punktesystem nach australischem Vorbild etablieren zu wollen. Geplant sei ein Mindestgehalt von 30 000 Pfund pro Jahr (33 000 EURO). Darüber hinaus sollen Englischkenntnisse sowie der Nachweis eines Arbeitsvertrages Voraussetzung für die Einbürgerung sein.
 
Pfund Sterling auf tiefstem Stand seit 27 Monaten
Das britische Pfund Sterling ist zur Monatshälfte am 16. Juli um 0,8% gefallen und lag damit bei nur noch 1,24 US-Dollar beziehungsweise 1,10 EURO. Damit erreichte die Währung den tiefsten Stand seit 27 Monaten. Ausschlaggebender Faktor war die verschärfte Wahlkampfrhetorik der Kandidaten für das Amt des Premierministers Jeremy Hunt und Boris Johnson. Beide verlangten die Backstop-Regelung aus dem EU-Austrittsabkommen zu streichen. Indes wiederholte der EU-Chefunterhändler für den Brexit, Michel Barnier, in der Vorwoche noch einmal, dass dies für die EU ausgeschlossen sei. Ein No-Deal-Brexit wird damit immer wahrscheinlicher und die Anleger an den Börsen sind dementsprechend verunsichert.
 
Südwesten Deutschlands kämpft mit den Folgen des Brexit
Zahlen der Baden-Württembergischen IHKs (BWIHK) und des Maschinenbauverbandes VDMA vom 25. Juli belegen, dass ein harter Brexit insbesondere den Südwesten Deutschlands hart treffen würde. Demnach seien die Folgen des Referendums bereits seit drei Jahren deutlich spürbar. Exportierten Firmen aus der Region 2015, vor dem Referendum noch Waren im Wert von 12,3 Mrd. EURO nach Großbritannien, betrug der Exportumsatz 2018 nur noch 9,8 Mrd. EURO. Dabei sei insbesondere der Maschinenbau-Sektor betroffen; Branchenvertreter rechnen lediglich mit einem Wachstum von 1%. 78% der Maschinenbauunternehmen schätzen die Perspektive am britischen Markt schlecht ein. Der Anteil der Region der BWIHK am bundesweiten Exportwert von Pharmazieprodukten, elektrischer Ausrüstung und Maschinen in das UK beträgt ein Fünftel. Die BWIHK schätzt, dass allein die Zollregistrierungen im Zuge eines No-Deal-Brexit jährlich 200 Mio. EURO kosten würden
 
Britische Einkommen sinken
Eine Studie des Think Tank „Resolution Foundation” hat herausgefunden, dass die britischen Haushaltseinkommen seit dem Brexit-Referendum 2016 zweimal hintereinander gesunken sind. Demnach lag das durchschnittliche verfügbare Haushaltseinkommen damals bei 32 250 EURO. In den letzten zwei Jahren sei es jeweils um 0,3% zurückgegangen. Dabei sind in erster Linie schwächere Einkommen betroffen, während die Einkommen der reichsten 5% in Großbritannien nach wie vor ansteigen. Die Ergebnisse der Studie widersprechen anderen Aussagen, wonach die Löhne gestiegen wären. „Resolution Foundation“ verwies darauf, dass sie in ihre Berechnungen Steuern und Abgaben sowie Inflationseffekte miteinbezogen hätten.
 
No-Deal-Vorkehrungen
Zoll wappnet sich für Brexit
Die 150 Zöllner am Flughafen Leipzig-Halle sollen ab August mit 76 weiteren Mitarbeitern verstärkt werden, um sich auf einen Anstieg der Zollanmeldungen im Zuge des Brexit vorzubereiten. Sollte das UK die EU am 31. Oktober ohne Vertrag verlassen, würden sämtliche britische Waren automatisch zollpflichtig. Das Hauptzollamt in Dresden geht dabei von 18 000 zusätzlichen Anmeldungen auf Waren pro Woche aus. Auch im Falle eines geordneten EU-Austritts sei mit erheblichem Mehraufwand zu rechnen. Bundesweit sind 900 zusätzliche Stellen geplant.
 
Stresstest der britischen Bankhäuser
„The Bank of England“ kommt in ihrem regelmäßigen Banken-Stresstest zu dem Ergebnis, dass die Geldinstitute im UK auch für den Fall eines ungeordneten Brexit gut gewappnet sind. Seit letztem Jahr sind die Banken verpflichtet mehr Eigenkapital und Zugang zu liquiden Mitteln in Höhe von 1 Mrd. Pfund nachweisen zu können. Diese Maßnahmen würden laut der „Bank of England“ gewährleisten, dass auch falls das UK im Anschluss an einen harten Brexit drei Monate lang von internationalen Märkten ausgeschlossen wäre, die Banken die britische Wirtschaft stützen könnten. Neben dem Ausschluss von internationalen Märkten, berücksichtigte der Test auch einen Rückgang der Wirtschaft von 4,7%, eine Verdopplung der Arbeitslosigkeit und einen Sturz der Eigentumspreise von 33%. Die Prüfer verwiesen allerdings auch auf die bereits spürbaren Folgen der Brexit-Entscheidung. So entsprechen die Investitionen in kommerzielles Eigentum im ersten Quartal 2019 lediglich zwei Fünfteln von denen des Vorjahres. Die Investitionen in Risikoanleihen sanken sogar um vier Fünftel. Trotz des guten Testresultats stelle ein ungeordneter Brexit, laut der „Bank of England“ nach wie vor ein enormes Risiko für die britische Wirtschaft dar.
 
Notfallsituation nach Brexit
Das Institute of Government prognostiziert in ihrer am 29. Juli veröffentlichten Analyse zu den Auswirkungen eines ungeordneten Brexit, eine Notfallsituation in Großbritannien. Demnach gehe man davon aus, dass die Regierung mit ihren Kapazitäten an Wachstumsgrenzen stoßen werde und andere Bereiche zwangsläufig vernachlässigt werden würden. Laut der Analyse wäre Nordirland am stärksten von den Auswirkungen eines No-Deal-Brexit betroffen.
 
Britische Lagerhäuser voll
Die „UK Warehousing Association“ weist daraufhin, dass lediglich noch 6,8 % der landesweiten Lagerhauskapazitäten frei wären. Dies sei besonders in Hinblick auf die Hauptverkaufssaison des Einzel- und Onlinehandels im Oktober/November rund um den Black Friday problematisch. Das Sozial- und Gesundheitsministerium empfiehlt außerdem Arzneimittelfirmen, ihre Vorräte sechs Wochen länger als üblich zu kalkulieren.
In Vorbereitung auf Lieferengpässe nach einem harten Brexit haben Firmen im UK enorme Lagerbestände aufgebaut.
 
Britische Bevölkerung legt Vorräte in Vorbereitung auf den Brexit an
Einer Untersuchung vom 7. Juli zum Konsumentenverhalten im UK durch das britische Forschungsinstitut „Blis“ zufolge, legen 40% der britischen Bevölkerung Lebensmittel-, Medikamenten- und Kleidungsvorräte an, um sich auf mögliche Engpässe im Zuge des Brexit vorzubereiten. Die Untersuchung ergab außerdem, dass 55% der Befragten davon ausgehen als Folge des Brexit weniger Einkommen zur Verfügung zu haben.
Der britische Nahrungsmittel- und Getränkeverband warnt vor einem möglichen Mangel von Produkten nach einem harten Brexit.
 
Hintergrundmaterial
Auswirkungen des Brexit auf die Bundesländer
Laut einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die am 23. Juli publiziert wurde,
wirkt sich der Brexit in Abhängigkeit der Handelsbeziehungen zum UK unterschiedlich stark, zum Teil aber deutlich auf die einzelnen Bundesländer aus. In Relation zu der Größe der Bundesländer ist laut dem IW das Saarland mit einem Außenhandelsanteil von 9% mit dem UK am stärksten von den Folgen des Brexit betroffen. 2018 gingen die saarländischen Exporte und Importe um 30% und 50% zurück. 80% beziehungsweise 40% der Ein- und Ausfuhren stützen sich dort auf die Autoindustrie. Ebenfalls deutlich sind die Brexit-Folgen in Thüringen mit seinem Gemeinschaftsunternehmen aus Lufthansa und Rolls Royce (Außenhandelsanteil mit UK von 6,7%) sowie in Bremen (7,4%) und Hamburg (6%) wo die Hafenindustrie betroffen ist, zu spüren.
 
Irland rechnet mit Verschuldung
Das nationale Schuldenbüro Irlands geht davon aus, im Falle eines No-Deal-Brexit innerhalb der nächsten vier Jahre neue Kredite in Höhe von 27 Mio. EURO aufnehmen zu müssen. Erwartet werden Zinskosten in Höhe von 4,5 Mrd. EURO im Jahr 2020. Darüber hinaus warnte der irische Finanzminister, dass durch einen harten Brexit bis zu 85.000 Arbeitsplätze in Irland verloren gehen könnten. Aufgrund der besonders engen Handelsbeziehungen mit dem UK, wäre Irland überdurchschnittlich von einem No-Deal-Brexit betroffen.
 
Kein Handel mit EU-Aktien an Londoner Börse nach No-Deal-Brexit
Wie die Europäische Finanzaufsicht (ESMA) im Mai bereits mitteilte, könnte die EU im Zuge eines No-Deal-Brexit der britischen Börse die Gleichberechtigung absprechen. Damit wären rund 6200 aus der EU stammende Wertpapiere nicht mehr in London handelbar. Dieses Verbot würde alle Aktien deren Wertpapierkennnummer (ISIN) mit Kürzeln eines EU-Mitgliedsstaats sowie Islands, Norwegens und Liechtensteins betreffen. Im Gegenzug könnte das UK ähnliche Maßnahmen ergreifen.
 
Briten ziehen Verbleib in der EU und zweites Referendum einem No-Deal-Brexit vor
Laut einer im Auftrag von „The Independent“ durchgeführten und am 6. Juli veröffentlichten Umfrage befürwortet eine Mehrheit der britischen Bevölkerung einen Verbleib in der EU mit 38% oder ein zweites Referendum mit 43% gegenüber einem No-Deal-Brexit. Auch unabhängig vom weiteren Verlauf der Brexit-Verhandlungen würden demnach 41% der Befragten ein abschließendes Referendum zum Brexit unterstützen, um die gegenwärtige politische Blockade zu lösen. Ebenfalls 41% gehen davon aus, dass die verbleibende Zeit bis zum Brexit-Datum am 31. Oktober nicht ausreiche, um ein neues Abkommen mit der EU zu verhandeln. Falls kein Deal vermittelt werden könne, würden sich 43% für einen Widerruf der Brexit-Entscheidung, 41% für ein zweites Referendum und 38% für einen ungeordneten EU-Austritt aussprechen.
 
Volkswirtschaftliche Kennzahlen Großbritannien
Deutsche Ausfuhren nach Großbritannien
(01/15=100, Monatswerte; Quelle: DeStatis, eigene Berechnungen)
 
DIHK-Kommentar: Von Januar bis Mai 2019 exportierten deutsche Unternehmen Waren im Wert von rund 35 Mrd. EUR nach Großbritannien (-2,3% ggü. dem Vorjahreszeitraum). Die Importe aus UK sanken um 6,1% auf nur noch 15 Mrd. EUR. Mit einem Handelsvolumen von 50 Mrd. EUR in den ersten 5 Monaten 2019 liegt UK aktuell nur noch auf Rang 7 der wichtigsten deutschen Handelspartner (2017 Rang 5; 2018 Rang 6).
 
Wechselkurs Pfund-Euro
Quelle: finanzen. net (Stand: 24.07.19)
 
 
 
Inflation
Quelle: ONS
 
DIHK-Kommentar: Die Unsicherheiten um den weiteren Verlauf der Brexit-Verhandlungen belasten den Pfundkurs seit dem Brexit-Referendum weiterhin. Dies verteuert Importprodukte und führt zu höheren Einkaufspreisen für Unternehmen in Großbritannien sowie zu geringeren Konsumspielräumen für Verbraucher. Die Inflation lag in den letzten beiden Jahren deutlich über dem Zielwert von 2%. Gleichzeitig werden allerdings britische Exportprodukte günstiger und damit preislich wettbewerbsfähiger. Für das laufende Jahr rechnet der IWF mit einer Inflationsrate von 1,8%; für 2020 mit 2,0%.
 
Bruttoinlandsprodukt Großbritannien
(Veränderung ggü. Vorjahr bzw. Vorquartal in %; saison- und preisbereinigt;
Quelle: Office for National Statistics UK; *IMF-Prognose)
 
DIHK-Kommentar: Der konjunkturelle Jahreseinstieg ist mit +0,5% besser als erwartet. Grund dafür ist eine Sonderkonjunktur beim Bau angesichts des milden Winters sowie Vorzieheffekte wegen des für den 29.03. geplanten Brexit. Für das laufende Jahr rechnet der IMF mit einem BIP-Zuwachs von 1,3 %, für 2020 mit +1,4%.
 
Gewerbliche Investitionen Großbritannien
(Veränderung ggü. Vorjahr bzw. Vorquartal in %, saison- und preisbereinigt;
Quelle: Office for National Statistics UK, *IMF-Prognose)
 
DIHK-Kommentar: Im Jahr 2018 sind die gewerblichen Investitionen um 0,4% gesunken. Die Unsicherheit über das unternehmerische Umfeld nach dem Brexit führt dazu, dass Unternehmen Investitionen unterlassen oder aufschieben.
 
 
 
Deutsch-Britischer Handel in den Jahren 2015 bis 2018
 
Zahlen des IWF für das Vereinigte Königreich
(Quelle: World Economic Outlook April 2019)
 
Zahlen des IWF für das Vereinigte Königreich
(Quelle: World Economic Outlook April 2019 )
 
Informationen direkt aus London erhalten Sie auch auf der Homepage der Deutsch-Britischen AHK.
 
Weitere Informationen finden Sie beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie:
Brexit-Hotline: 030-340 6065 61, E-Mail: brexit@buergerservice.bund.de
 
 
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