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Nachweis kürzerer Nutzungsdauer bei Immobilien

Das BMF legte am 22. Februar 2023 seine Kriterien für die Anerkennung kürzerer Nutzungsdauern bei Immobilien vor
Nutzungsdauer bei Immobilien

© Dmitri Popov / EyeEm / Getty Images

Ursprünglich hatte der BFH geurteilt, dass jede geeignete Möglichkeit des Nachweises einer kürzeren als die gesetzlich vorgegebene Nutzungsdauer zulässig sei. Dies schränkt das BMF nun ein wenig ein.

Bundesfinanzhof lässt grundsätzlich jede Darlegungsmethode zu

Dem BMF-Schreiben ging ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. Juli 2021 (Az. IX R 25/19, BFH/NV 2022,108) voraus, in dem der BFH klarstellte, dass sich Steuerpflichtige zum Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer als der bei Gebäuden gesetzlich unterstellten (§ 7 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG)) jeder Darlegungsmethode bedienen können, die im Einzelfall geeignet erscheint. Es müssen nur Rückschlüsse auf die maßgeblichen Determinanten (zum Beispiel technischer Verschleiß, wirtschaftliche Entwertung, rechtliche Nutzungsbeschränkungen) möglich sein.

Ursprünglicher Wegfall: Nachweismöglichkeit geplant

Seitens der Finanzverwaltung wurde diese Nachweismöglichkeit als teilweise zu weitgehend erachtet. Dem Vernehmen nach wurde befürchtet, dass die gesetzlich normierte Ausnahme des Nachweises einer kürzeren Nutzungsdauer zum Regelfall werden könne. Dementsprechend schlug das BMF im Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2022 noch eine Streichung dieser Nachweismöglichkeit, einen Wegfall von § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG, vor. Aufgrund deutlicher Kritik aus wurde diese Streichung letztlich nicht vorgenommen. Das BMF „antwortet“ nunmehr mit einem BMF-Schreiben auf das oben genannte BFH-Urteil.

Grundsatz: gesetzliche Abschreibungssätze

In dem BMF-Schreiben wird noch einmal der Grundsatz der Abschreibung von Gebäuden nach typisiert festen Abschreibungssätzen dargestellt. Je nach Gebäudebaujahr und -nutzung beträgt der Abschreibungssatz 2/2,5/3 oder 4 Prozent jährlich.

Kürzere Nutzungsdauer: Nachweispflicht des Steuerpflichtigen

Die gesetzlich vorgeschriebene Möglichkeit für den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer und damit die Inanspruchnahme von höheren Abschreibungssätzen wird in dem Schreiben ausführlich dargestellt. Das BMF weist darauf hin, dass in diesen Fällen der Steuerpflichtige in der Nachweispflicht beziehungsweise der Pflicht zur Glaubhaftmachung steht.

Abbruchabsicht

Hinsichtlich des Umstandes der Abbruchabsicht genügt nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht die bloße Nennung einer solchen Absicht. Vielmehr müssen Vorbereitungen zum Abbruch des Gebäudes schon angelaufen sein, beziehungsweise der Steuerpflichtige sich verbindlich zum Abbruch des Gebäudes verpflichtet haben.

Einschlägige AfA-Tabellen

Für den Fall, dass besondere Betriebsgebäude oder bestimmte Gebäudeteile vorliegen, die selbstständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind (zum Beispiel Hallen in Leichtbauweise, Ställe beziehungsweise Schuppen) kann gegebenenfalls auf die allgemeinen amtlichen AfA-Tabellen zurückgegriffen werden. Dies kann auch für Ladeneinbauten, Schaufensteranlagen, Gaststätteneinbauten und ähnliches gelten.

Sonst: begründete Ausnahmefälle – technischer Verschleiß

Bei Gebäuden kann im Übrigen in begründeten Ausnahmefällen eine kürzere Nutzungsdauer anzunehmen sein. Als Kriterien benennt das Bundesministerium der Finanzen, wie auch schon der Bundesfinanzhof, den technischen Verschleiß, die wirtschaftliche Entwertung sowie rechtliche Gegebenheiten, welche die Nutzungsdauer eines Gegenstandes begrenzen können. Ausgangspunkt für die Beurteilung des technischen Verschleißes ist die Tragstruktur des Bauwerks (Dachkonstruktion, tragende Innen- und Außenwände, Geschossdecken und Fundament). Für die Annahme einer kürzeren technischen Nutzungsdauer müssen Schäden der tragenden Teile die Nutzungsfähigkeit des Gebäudes in seiner Gesamtheit beeinträchtigen.

Wirtschaftliche Entwertung

Eine wirtschaftliche Entwertung kann dann vorliegen, wenn das Gebäude vor Ablauf der technischen Nutzungsdauer objektiv wirtschaftlich verbraucht ist, das heißt, wenn die Möglichkeit einer wirtschaftlich sinnvollen, anderweitige Nutzung oder Verwertung endgültig entfallen ist.

Nachweis durch Bausubstanzgutachten

Als Nachweismöglichkeiten stellt die Finanzverwaltung auf ein Bausubstanzgutachten durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken ab. Die Übernahme einer kürzeren Restnutzungsdauer aus einem Verkehrswertgutachten sei kein geeigneter Nachweis im Sinne des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG.

Kontakt

Porträtfoto Jens Gewinnus
Jens Gewinnus Referatsleiter Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Einkommensteuer