Pfadnavigation

OECD forciert Arbeiten zur Neuausrichtung der Internationalen Unternehmensbesteuerung

DIHK gibt vier Stellungnahmen zum sog. „2-Säulen-Projekt“ ab
Vo OECD

© DrPixel / Moment / Getty Images

Die Besteuerung von international agierenden Unternehmen steht vor einem historischen Umbruch: Unter dem Dach der OECD arbeiten über 140 Staaten an einer grundlegenden Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung, welche bereits im Jahr 2024 in Kraft treten soll. Grenzüberschreitend tätige Unternehmen sollen ab diesem Zeitpunkt auch und in stärkerem Maße dort besteuert werden, wo ihre Kunden sitzen und entsprechende Absatzmärkte genutzt werden (Säule 1). Zudem soll eine effektive globale Mindeststeuerbelastung von Konzernen in Höhe von 15 Prozent mittels sog. Top-up-Besteuerungsverfahren sichergestellt werden (Säule 2).

Hierzu arbeitet die OECD und das hierzu geschaffene Gremium (Inclusive Framework on BEPS, IF) mit Hochdruck an der Veröffentlichung der entsprechenden Rechtsvorschriften. Ziel ist es, Mitte des Jahres 2023 zwei multilaterale Konventionen durch alle teilnehmenden Staaten zu verabschieden.

Nachdem die OECD/IF bereits grundlegende Vorschriften zu den beiden Säulen veröffentlicht hat – so zum Beispiel sogenannte „Model Rules“, den Kommentar und die sogenannten „Administrative Guidelines“ zu Säule 1 oder den sogenannten „Progress Report“ zu Pillar 1 – befinden sich die Arbeiten an weiteren Details im Endstadium. Mit Blick auf die praktische Umsetzung der komplexen Neuregelungen hatte das OECD-Sekretariat zuletzt vier sogenannte Konsultationsdokumente in englischer Arbeitssprache zu speziellen Fachthemen veröffentlicht und zur Konsultation mit Unternehmen und Wirtschaft gestellt.

Die DIHK hat sich aktiv an den Konsultationsverfahren beteiligt und neben fachlichen Hinweisen die besonderen Belange der deutschen Unternehmen eingebracht.

Abschaffung von Digitalsteuern (Säule 1)

In dem Konsultationsdokument “Draft Multilateral Convention Provisions on Digital Services Taxes and other Relevant Similar Measures” hat die OECD/IF weitergehende Maßnahmen zur Abschaffung von nationalen Digitalsteuern diskutiert, welche durch Einführung von Säule 1 obsolet werden. Integraler Bestandteil ist dabei eine Stillhalte- und Rücknahmeverpflichtung für Steuern auf digitale Dienstleistungen (DSTs) und andere einschlägige Maßnahmen, welche von Staaten auf nationaler Ebene eingeführt wurden. Hierzu hatte das OECD-Sekretariat konkrete Umsetzungsvorschläge erarbeitet: Diese betreffen die Identifizierung von relevanten (Digital)Steuern sowie Bestimmungen für den Fall, dass Staaten weiterhin DSTs und ähnliche Maßnahmen beibehalten. In diesem Fall sollen Zuweisungen des sogenannten „Amount A“ an diese Staaten eliminiert werden

In unserer Stellungnahme haben wir darauf hingewiesen, dass nationale Digitalsteuern die grenzüberschreitenden Aktivitäten unserer Unternehmen in erheblichem Umfang belasten und daher die Abschaffung dieser Maßnahmen eine notwendige Bedingung für die Implementierung von Säule 1 ist. Die von der OECD vorgeschlagene Definition von Digitalsteuern ist jedoch zu eng und sollte einen weitergehenden Anwendungsbereich umfassen. Dabei sollten auch solche Maßnahmen einbezogen werden, die nicht nur von der nationalstaatlichen, sondern auch von unterstaatlichen Ebenen erhoben werden. Wir haben uns auch dafür ausgesprochen, dass die Festlegung der jeweiligen nationalen Digitalsteuern („definitive list in an Annex A“) nicht in einem abgeschlossenen Verfahren durch die Finanzverwaltungen der Staaten des Inclusive Framework vorgenommen wird, sondern diese in einem transparenten Verfahren gemeinsam mit der Wirtschaft erfolgt. Zugleich haben wir darauf hingewiesen, dass den Unternehmen ein effektives Rechtsschutzverfahren zur Verfügung stehen muss, sollten Staaten, welche nach wie vor Digitalsteuern erheben, eine zusätzliche Gewinnbesteuerung nach Amount A vornehmen.

Vereinfachter Ansatz für Verrechnungspreise – „Amount B“ (Säule 1)

Zudem hatte die OECD ein Konsultationsverfahren hinsichtlich einer vereinfachten Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes bei Routine-Marketing- und Vertriebsaktivitäten (arm’s length principle for baseline marketing and distribution activities) eröffnet. Insbesondere mit Blick auf die Bedürfnisse von Finanzverwaltungen mit wenig Kapazitäten (low-capacity jurisdictions) sollen vereinfachte Verfahren entwickelt werden, welche die Steuersicherheit erhöhen und ressourcenintensive Streitigkeiten zwischen Unternehmen und Steuerverwaltungen reduzieren. Mit Amount B soll nunmehr die Grundlage für die vereinfachte Ermittlung eines fremdüblichen Preises geschaffen werden, wobei geeignete Vergleichsdaten unabhängig von deren geografischer Herkunft herangezogen werden sollen.

Aus Sicht unserer Unternehmen ist es von entscheidender Bedeutung, dass es die neuen Regeln den betroffenen multinationalen Unternehmen (MNEs) ermöglichen, zuverlässig und mit einem hohen Maß an Steuersicherheit zu operieren. Regeln und Begriffe müssen daher sehr klar, präzise und verständlich sein und dürfen keinen Raum für unterschiedliche Auslegungen lassen, die zu Doppelbesteuerung oder Rechtsstreitigkeiten führen könnten. Da grenzüberschreitend operierende Unternehmen mit hohen, komplexen und kostspieligen Anforderungen konfrontiert sind, sollten Bestimmungen sollten so weit wie möglich vereinfacht werden.

Datenbereitstellung zur globalen Mindeststeuer – „GloBE-Information Return“ (Säule 2)

Mit dem Konsultationsdokument „GloBE Information Return“ werden die Bestandteile eines standardisierten Datenerhebungsbogens (GloBE Information Return – GIR) vorgestellt. Hierzu hat eine spezielle multidisziplinäre „Focus Group“ bestimmte Datenpunkte identifiziert, welche Unternehmensgruppen gegenüber Steuerverwaltungen erklären sollen. Die entsprechenden Informationen und Datenpunkte sollen zukünftig in einer 4 Stufen-Matrix bestehend aus 1) General Information; 2) Corporate Structure; 3) ETR- / Top-up Tax-Computation und 4.) Top-up Tax Allocation and Attribution erhoben werden (Annex A). Dem Entwurf zufolge sollen alle Datenpunkte allen Steuerbehörden zur Verfügung stehen, damit sie die jeweiligen Steuerverbindlichkeiten aller relevanten Einheiten (CE) nachvollziehen können.

Dieses Erfordernis erscheint aus Sicht unserer Unternehmen übertrieben, vielmehr wäre eine Segmentierung dahingehend angebracht, dass nur die Jurisdiktion der obersten Muttergesellschaft (UPE) Zugang zu allen Datenpunkten haben sollte. Anderen Steuerbehörden sollten nur die Datenpunkte zur Verfügung gestellt werden müssen, die für die Säule-2-Berichterstattung in diesem Land relevant sind. Weiterhin ist zu erwarten, dass viele Länder, die derzeit Unternehmensgewinne mit weniger als 15 Prozent besteuern, ihr inländisches Steuerniveau auf 15 Prozent anheben werden. Unter diesem Gesichtspunkt sollte der Befolgungsaufwand für GloBE-Regelungen auf ein vernünftiges Maß beschränkt werden.

Zugleich haben wir in unserer Stellungnahme auf die Notwendigkeit spezieller Safe-Harbour-Regelungen hingewiesen (siehe OECD-Dokument "Safe Harbours and Penalty Relief: Global Anti-Base Erosion Rules (Pillar Two)"). Neben Anmerkungen zu Möglichkeiten eines „Transitional CbR Safe Harbour“, eines „Permanent Safe Harbour“ und eines „Transitional Penalty Relief“ haben wir auch auf die Problematik von (gegebenenfalls. nicht in den Konsolidierungskreis einbezogenen) nicht wesentlichen Einheiten hingewiesen und überdies die Vorteile eines „Whitelist“-Verfahrens dargestellt.

Rechtssicherheit für Unternehmen – „Tax Certainty“ (Säule 2)

Mit dem Konsultationsdokument „Tax Certainty for the GloBE Rules“ werden Möglichkeiten für eine einheitliche Anwendung der GloBE-Regelungen durch die Staaten diskutiert und – im Falle einer divergierenden Behandlung – entsprechenden Streitvermeidungs- und Streitbeilegungsverfahren vorgeschlagen. Hierzu werden die Grundzüge eines „Dispute Prevention Mechanism“ dargestellt, der im Vorfeld einer möglichen Mehrfachbesteuerung einen multilateralen Review-Prozess vorsieht und zudem als „Binding Certainty Mechanism“ auf die APAs (Advance Pricing Agreements) rekurriert. Zudem wird ein sogenanntes „Dispute Resolution Mechanism“ vorgeschlagen, der im Falle einer schon eingetretenen Mehrfachbesteuerung auf Verfahren der bereits bestehende „Convention on Mutual Administrative Assistance in Tax Matters“ (MAAC) rekurriert. Überdies wird die Entwicklung einer entsprechenden multilateralen Konvention (MLC) in Aussicht gestellt, die allerdings eine Umsetzung in nationale (Verfahrens)Rechte erfordert.

In unserer Stellungnahme haben wir angeregt, dass die drei alternativen GloBE-Instrumente (Top-up Tax, UTPR – Undertaxed Payment Rule, QDMTT - Qualified Domestic Minimum Top-up Tax ) von allen Jurisdiktionen gleichzeitig eingeführt und einheitlich angewendet werden sollten. Dazu sollten die Begriffe detailliert formuliert und in einem Kommentar verbindlich und unmissverständlich definiert werden. Den beteiligten Steuerbehörden sollte kein Raum für abweichende Auslegungen gegeben werden. Vorrangig sind daher Verfahren zu finden, die eine abweichende Anwendung dieser Vorschriften verhindern. Sollten dennoch widersprüchliche Steuerbescheide ergangen sein, müssen Unternehmen die Möglichkeit haben, diese innerhalb eines Jahres in einem unkomplizierten Verfahren beseitigen zu lassen.

Kontakt

Portraitfoto Guido Vogt
Guido Vogt Referatsleiter Internationales Steuerrecht, Verfahrensrecht